Zauber

zauber

Wie geht das?
Ich möchte alte Pfade verlassen.

Ist es nicht immer dasselbe? Zuerst ist man voller Elan, bricht auf zu neuen Ufern und denkt: Nun, von heute an wird alles anders. Und wenig später erkennt man, es ist doch wieder alles beim alten.
O, oh….. welchen Blues spiele ich da?

Ganz still setze ich mich hin. Ich suche meinen Kern und wünsche mir, seine Stimme zu hören. Komm schon! Zeig dich! Ich will dich vernehmen!
Nichts. Da ist einfach nichts!

Wie soll ich alte Pfade verlassen, wenn mein inneres GPS so still ist? So weiss ich ja gar nicht, wo ich bin, noch in welche Richtung ich soll.

Ich konzentriere mich, ich atme, ich reise nach innen, ich lausche.
Vielleicht sollte ich endlich einmal still sein?

Da kommt mir das Gedicht von Rainer Maria Rilke in den Sinn:
„Vor lauter Lauschen und Staunen sei still,
du mein tieftiefes Leben;
dass du weisst……………“

Nein, ich weiss nichts, ich hab den Rest vergessen.

Aber eigentlich ist das gar nicht so schlimm. Ich spüre den Rhythmus des Gedichtes und sein wunderbares Bild schenkt mir Ruhe:

Mein tieftiefes Leben ist unendlich,

ist ein Zauber. Da hat es Luft, Farben und Duft. Da hat es Rhythmus und Musik. Da hat es Freude, Trauer, Wut, Angst und Liebe.
Aber überhaupt gar keine Pfade! – ein unglaubliches Miteinander.

Und trotzdem gehe ich meinen Weg als Menschin. Ich will lernen, ich will wissen, ich will lauschen, ich will staunen über mein Land, das mein Leben ist.

 

Ein Jahr

ein-jahr

Ein Jahr.
Ein Jahr lang schreibe ich nun meine Geschichten. Nach dem ersten mutigen Schritt sind es nun etwa 40 geworden.

Und es ist jedes Mal ein Abenteuer: Was soll ich diesmal erzählen?
Ich schaue mein Bild an, lese den Text auf der Rückseite, den ich wiederum vor zwei Jahren geschrieben habe, und dann gehts los. Manchmal steigt dicht der Zweifelnebel in mir auf, der mir weismachen will, dass ich diesmal wohl keinen Einfall haben werde.
Aber mit jedem Satz, den ich zuerst auf einen richtigen Block schreibe, verscheuche ich diesen Dunst. Und mit dem letzten Punkt beginne ich selber zu staunen, dass es wieder geklappt hat.

Ja, ich gebe es zu, ich freue mich selber jedes Mal, was da nun zum Vorschein gekommen ist. Und manchmal schmunzle ich oder lache gar laut über das, was ich da gerade lesbar gemacht habe.

Ach, wie peinlich! So lustig! Ja genau! Uiuiui so wütend!

Der rote Faden – meine Bilder.
Der Duft – das Geschriebene hinten drauf und mein Herzklopfen spielt die Musik dazu.

Ich rufe mir die Stimme des ersten Blogbeitrags in Erinnerung und nehme sie als meine Würze dazu: „Mach, was du willst!“

Und so wird das irische Sprichwort, das tatsächlich hinten auf diesem Bild steht, Wirklichkeit:

„Glück ist, wenn die Realität schöner ist als der Traum.“

Ein grosses Danke von Hinter der Trommel an euch alle!

Ur Sprung

ur-sprung

Ich beginne bei mir, ganz nah.
Ich drehe mich um mich selbst. Schnell und immer schneller.
Alle Himmelsrichtungen kann ich so einfangen. Und wenn ich dann die Augen schliesse und mich weiter drehe, vermischt sich alles.

Auf einmal bleibe ich stehen und ……….
… es dreht sich einfach weiter!
Es fällt mir nicht ganz leicht ruhig zu stehen, denn auch im Körper schwingt es weiter.

Ich beginne zu gehen. Im Kreis. Setze behutsam einen Fuss vor den andern. Meine Arme gleiten immer mehr nach aussen. Ich spüre, wie gut das tut. Und ich finde langsam das Gleichgewicht wieder. Schritt für Schritt entferne ich mich vom Ursprung.

Ich komme mir vor wie eine Seiltänzerin. Ich kenne den Anfang und weiss, dass es ein Ende gibt. Ich bemühe mich nicht hinunter zu fallen. Ich schaue nur auf meinen Weg, vergesse zu atmen und erhasche nur kurze Bilder von der Umgebung.

Das ist ja überhaupt nicht lustig! Und sehr anstrengend dazu.

So, jetzt tausche ich mal die Rollen. Mit einem mutigen Schritt springe ich vom Seil. Ich nehme den Weg in meine Hände und taste mich zurück zum Ursprung. Und das geht länger, als ich gedacht habe!

Aber da! Endlich!

Ich packe das Stück, das ich für den Anfang (oder das Ende?) halte. Schwinge beide Arme samt Erkenntnis in die Luft und beginne zu tanzen.

Ich bestimme den Weg und die Art wie ich ihn gehe.

Immer wieder schaue ich in die Welt, sie ist unglaublich. Und ich bin ein Teil von ihr, noch unglaublicher.

Mit dem Himmel über mir, der Erde unter mir und dem Leben in mir weite ich die Kreise und halte die Absicht, meinen ureigenen Weg zu finden, fest in meinen Händen.

zerzaust

zerzaust

Oh! Ein Wind!
Der bringt meine ganze Frisur durcheinander! Dabei habe ich mir so Mühe gegeben, sie schön zu büschelen.

Ja, und überhaupt. Diese Zeit gerade bringt alles durcheinander. Ich gehe durchs Leben, wohlüberlegt, halte mich an die Regeln von aussen und an die meinen von innen. Das gibt mir ein gutes Gefühl und so passe ich doch exakt in die Landschaft, in der ich lebe.

Und jetzt dieser Wind. Er bringt nicht nur meine Frisur durcheinander, mein äusseres Merkmal der Dazugehörigkeit, sondern auch mein Empfinden.

Was? Da ist gar kein Wind?
Spürst du ihn nicht?
Das kann doch nicht sein.
Warum sehe ich denn so zerzaust aus?
Ach ja? Das stimmt gar nicht?
Aber ich habe mich doch im Fenster gespiegelt gesehen! Und die Leute haben mich so komisch angeschaut. Da muss wirklich etwas nicht stimmen!
Warum schüttelst du den Kopf?
Du findest ich sehe ganz normal aus und ich finde, da stimmt etwas nicht.
Warum lachst du?
Weil ich Dinge sage, die nicht stimmen?
Aha! Da haben wir’s. Du willst nur Dinge hören, die meinem Aussehen entsprechen? Liebe, nette, anständige Worte?

Ich sage dir aber – und das ist die ganze Wahrheit – ich fühle mich zerzaust, auf den Kopf gestellt, wütend, traurig und total UNGEBUNDEN und FREI einfach so sein zu dürfen!

Gopfrchbrrchngtniichamimmmrollidollichrmpfnamal!

Spätsommerabend

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In Gedanken, nein nicht verloren, erfüllt bin ich.
Ich lausche den Geräuschen im Garten, den Kuhglocken, den Stimmen aus der Nachbarschaft, den Motoren in der Luft und auf den Strassen.

Ich muss nichts und müsste auch nichts. Fenster putzen zum Beispiel oder jäten, die Steuererklärung ausfüllen oder meine Stunden vorbereiten. Alles habe ich schon getan oder mache es einfach nicht.

Ich lausche und geniesse meine Reisegedanken. Ich spüre meinen Atem und den zarten Wind auf meiner Haut. Ungestört lasse ich mich treiben.

Wenn ich die Augen ein wenig öffne, sehe ich das warme Abendlicht und die tanzenden Blätter vom Gartenbaum als Schatten an der Hauswand.

Niemand will etwas von mir, nicht einmal ich selber. Was für ein Gefühl, keine Erwartungen zu erfüllen, auch wenn es nur für einen Abend ist.

Da schleicht eine Furcht in meine Gedanken: Bin ich faul, verantwortungslos oder gar unbeliebt?
Schnell öffne ich die Augen ganz, setze mich gerade hin und atme laut einmal ein und einmal aus.
Fragt sich das der Gartenbaum auch? Die Tomaten an der Sonne? Die Katze, die sich auf der kühlen Erde räkelt?

Ein Sonnenstrahl lässt meinen Ring am Finger funkeln. Er erinnert mich an wilde Tage. Voller Einsatz. Ganz und gar.

Mein Herz beginnt zu tanzen, ich atme nochmals ein und aus, diesmal mit einem Schmunzeln im Gesicht.

Ich gebe fast immer fast alles, auch beim Nichtstun.

ganz leicht

ganz leicht

Ich habe fliegen gelernt.

Eigentlich ist es ganz leicht. Die Arme seitlich ausbreiten und mit Auf- und Abbewegungen spüren, wie es einem langsam auf die Zehenspitzen hebt. Das Becken wird immer weiter und die Magengegend irgendwie mulmig. Der Atem ist kurz, denn es ist ja ungewohnt in die Luft aufzusteigen und schon entsteht  eine Mischung aus Furcht und Glück. Wie von selber öffnet sich der Mund, die Nasenflügel beben und die Augenbrauen werden nach oben gezogen, weil sich die Augenfenster weiten.

Und in dem Moment, wo sich ein lauter Jauchzer aus der Kehle befreit, flattern die Haare schon lustig im Wind. Und dann ……..
…….kommt das unbeschreibliche Gefühl des Abhebens.

Das Kleid schimmert in der Sonne, ich fühle mich schön. Der Hut bietet dem Gesicht Schatten und alles entspannt sich. Genüsslich legt sich der Kopf in den Nacken, denn der Blick in das unendliche Blau des unendlich weiten Himmels ist atemberaubend.

Es gibt nichts zu tun und nichts zu sehen und doch ist alles da. Es fliegt und fliegt und fliegt und fliegt.

Ich habe fliegen gelernt und spüre mein Leben in meinen Knochen. Für einmal ganz entspannt im Liegestuhl im Sommergarten.

Gute Reise

gutereise

So viele Wege gehe ich im Geist.
Verschiedene Reisen unternehme ich.
Meistens sind es sehr lange und ausgiebige Gedanken und manchmal verliere ich mich in den verschiedenen Ländern. Und – je nach dem – brauche ich länger oder kürzer, bis ich wieder zu Hause bin, bis ich merke, dass das Leben jetzt stattfindet. Ja, wieder physisch werden und das Leben um mich herum wahrnehmen.

Ich wünsche mir, dass alle meine Landschaften gleichwertig sind, und dass es für mich eine Freude ist darin zu leben – mit allem, was dazugehört. Jeden Tag und jede Nacht. Vielleicht reist dann mein Geist ganz selbtverständlich und es braucht kein Zurückkommen, weil das Innen und das Aussen eins sind.

Und wenn ich es wage, nur ein paar Wege auch einmal für alle sichtbar zu gehen, merke ich, dass das gar nicht so schwierig ist. Denn nur so finde ich den meinen.

Ich bin Menschin.
Ich lerne jeden Tag aufs Neue.
Und es ist Sommer, die Natur breitet sich aus. Sie lädt mich ein, das Leben zu tanzen und es unter die Füsse zu nehmen.

Es ist Sommer!
Ich gehe hinaus. Ich übe mich der Natur zu schenken, so wie sie sich mir grad schenkt.
Und – wer weiss – wer weiss – vielleicht erkenne ich dann immer mehr, dass wir eins sind:

Die Natur, die Wege innen und aussen und ich…

Orientierung

Orientierung

Neu geboren zu werden, ist gar nicht so einfach.

Alt und Neu vermischen sich und die Orientierung will wieder gewonnen werden. Wo bin ich da nur gelandet?

Ich kenne doch alles und doch nicht mehr. Alles ist gleich wie früher und doch sehe ich es mit einem anderen Blick.

Du bist du und ich bin ich.
Du bist ich und ich bin du.
Du bist ich und du und ich bin du und ich.

Ich bin da auf dieser Welt und du auch. Wir kennen unsere Namen und sind uns doch sehr fremd.
Ich kenne dich ohne dich zu kennen, weil ich weiss, dass es dich gibt.
Und mich gibt es auch und, weil es euch alle gibt, freue ich mich eine unter euch zu sein.

Und wenn ich noch lange so hin und her Wörter zusammenreime, merkt ihr, dass die Orientierung wirklich abhanden gekommen ist.

Neugeboren lasse ich mich treiben. Nehme dankend die Geschenke, die  die neue alte Welt mir offenbart. Sie bringen mich zum Lachen, zum Weinen, zum Tanzen, zum Fliegen, zum Nachdenken, zum Wegrennen und zur Wut, zum Kämpfen und  zum Geschehenlassen und zum Singen und zum Lieben.

Ich bin auf der Erde gelandet und wachse in den Himmel.
Wie die Pflanzen, die Tiere und du!

Zu Hause

zuhause

Ich hab’s geschafft! Ich hab’s geschafft! Ich hab’s geschafft!

Ja, schon wieder. Ich muss es singen, tanzen und euch erzählen. Wie oft habe ich das in der letzten Zeit geschrieben, dass ich etwas geschafft habe?

Da gab es ein Wesen, wie ihr wisst, hinter vielen Schichten versteckt. Es gefiel ihm eigentlich recht gut dort. Und doch … immer wieder kam die Frage, was wäre wohl, wenn diese nicht mehr wären? Nein, besser nicht darüber nachdenken. So, wie es ist, ist es schon ok. Sicherheit und Vertrautes gehen vor. Das Wesen wollte atmen. Und merkte, dass es gar nicht recht einatmen konnte – der Platz fehlte. Es war eng hier, ziemlich eng.

Träume helfen die grössten Hindernisse zu überwinden.

Das Wesen wünschte es sich oft, dass solche Träume wahr werden.

Da gab es nur etwas, dachte das Wesen, an die Träume glauben. Und zwar so lange, bis ein Stück des Erfüllungsfadens mit beiden den Händen zu fassen war. Und dann, sagte es sich, lasse ich ihn nicht mehr los!

Durch Wind und Wetter, über Stock und Stein, durch Feld und Wald, in die Angst und in die Freude, durch alle Schichten hindurch. Über all die Lebensberge und durch alle Lebenstäler – es folgte dem Faden.

Doch was war das?
Der Tod, das Ende des Lebens stand auf einmal genau vor der Nase des Wesens. Und jetzt?

Nein! Ich will nicht sterben! Ich will wieder nach Hause, rief es aus dem Überlebenseifer heraus.

Eben! Sagte eine Stimme im Wesen drin.

Auf einmal wurde es ganz still. Kein Strampeln mehr, kein Wegrennen, kein Festhalten.
Für einen kurzen Moment stand das Tor zu ihm selbst weit offen. Mit Leichtigkeit tanzte es hindurch: So fühlt sich das eigene Zuhause also an! In diesem kleinen Moment war alles da, was es fürs Leben braucht:

Mein Herz. Mein Atem. Mein Körper. Mein Verstand. Und meine Liebe.

Ich habe es geschafft, ich bin im Alltag wieder angekommen. Ich kämpfe mich durch die Schichten, ich suche nach dem Sinn des Lebens, ich stosse an Hindernisse und ich finde den Weg nicht …….

……. aber ich kenne mein Zuhause, ich habe es genau gespürt!

Ei ei ei …

Eieiei

Langsam, langsam schäle ich mich aus meinem Ei.

Lange habe ich darin gewohnt, mir mein Leben eingerichtet. Es war schön darin. Ungern verlasse ich das Bekannte.

Keine Angst! Ich werfe nicht alle über den Haufen und lasse Liebgewonnenes hinter mir, nein, nein.

Ich glaube es geht eher um die harte Schale, ganz nah um mich herum.
Mein Herz, meine Kraft, mein Leben wollen sich ausdehnen.

Ich atme tief ein und ganz laut wieder aus. Ich stosse sanft mit dem Kopf durch den Riss in meiner Schale. Oh! Wie hell ist es da draussen!
Meine Füsse spüren den harten Rand, meine Arme und Hände verschaffen sich kräftig Platz.

Ich bewege mich in alle Richtungen, ich tanze, ich stampfe, ich drehe mich im Kreis, fliege wie ein Propeller.

Es kracht. Lauter kleine Stücke fliegen durch die Luft und fallen wie Sternschnuppen auf die Erde.

Ich sehe den weiten Himmel über mir, die starke Erde unter mir. Ich spüre das Feuer in mir, und der Wind weist mir die Richtung.

Einmal mehr fühle ich mich wie neu geboren. Ich suche meinen Weg und er-finde ihn immer wieder neu.

Ich lebe!