Orientierung

Orientierung

Neu geboren zu werden, ist gar nicht so einfach.

Alt und Neu vermischen sich und die Orientierung will wieder gewonnen werden. Wo bin ich da nur gelandet?

Ich kenne doch alles und doch nicht mehr. Alles ist gleich wie früher und doch sehe ich es mit einem anderen Blick.

Du bist du und ich bin ich.
Du bist ich und ich bin du.
Du bist ich und du und ich bin du und ich.

Ich bin da auf dieser Welt und du auch. Wir kennen unsere Namen und sind uns doch sehr fremd.
Ich kenne dich ohne dich zu kennen, weil ich weiss, dass es dich gibt.
Und mich gibt es auch und, weil es euch alle gibt, freue ich mich eine unter euch zu sein.

Und wenn ich noch lange so hin und her Wörter zusammenreime, merkt ihr, dass die Orientierung wirklich abhanden gekommen ist.

Neugeboren lasse ich mich treiben. Nehme dankend die Geschenke, die  die neue alte Welt mir offenbart. Sie bringen mich zum Lachen, zum Weinen, zum Tanzen, zum Fliegen, zum Nachdenken, zum Wegrennen und zur Wut, zum Kämpfen und  zum Geschehenlassen und zum Singen und zum Lieben.

Ich bin auf der Erde gelandet und wachse in den Himmel.
Wie die Pflanzen, die Tiere und du!

Zu Hause

zuhause

Ich hab’s geschafft! Ich hab’s geschafft! Ich hab’s geschafft!

Ja, schon wieder. Ich muss es singen, tanzen und euch erzählen. Wie oft habe ich das in der letzten Zeit geschrieben, dass ich etwas geschafft habe?

Da gab es ein Wesen, wie ihr wisst, hinter vielen Schichten versteckt. Es gefiel ihm eigentlich recht gut dort. Und doch … immer wieder kam die Frage, was wäre wohl, wenn diese nicht mehr wären? Nein, besser nicht darüber nachdenken. So, wie es ist, ist es schon ok. Sicherheit und Vertrautes gehen vor. Das Wesen wollte atmen. Und merkte, dass es gar nicht recht einatmen konnte – der Platz fehlte. Es war eng hier, ziemlich eng.

Träume helfen die grössten Hindernisse zu überwinden.

Das Wesen wünschte es sich oft, dass solche Träume wahr werden.

Da gab es nur etwas, dachte das Wesen, an die Träume glauben. Und zwar so lange, bis ein Stück des Erfüllungsfadens mit beiden den Händen zu fassen war. Und dann, sagte es sich, lasse ich ihn nicht mehr los!

Durch Wind und Wetter, über Stock und Stein, durch Feld und Wald, in die Angst und in die Freude, durch alle Schichten hindurch. Über all die Lebensberge und durch alle Lebenstäler – es folgte dem Faden.

Doch was war das?
Der Tod, das Ende des Lebens stand auf einmal genau vor der Nase des Wesens. Und jetzt?

Nein! Ich will nicht sterben! Ich will wieder nach Hause, rief es aus dem Überlebenseifer heraus.

Eben! Sagte eine Stimme im Wesen drin.

Auf einmal wurde es ganz still. Kein Strampeln mehr, kein Wegrennen, kein Festhalten.
Für einen kurzen Moment stand das Tor zu ihm selbst weit offen. Mit Leichtigkeit tanzte es hindurch: So fühlt sich das eigene Zuhause also an! In diesem kleinen Moment war alles da, was es fürs Leben braucht:

Mein Herz. Mein Atem. Mein Körper. Mein Verstand. Und meine Liebe.

Ich habe es geschafft, ich bin im Alltag wieder angekommen. Ich kämpfe mich durch die Schichten, ich suche nach dem Sinn des Lebens, ich stosse an Hindernisse und ich finde den Weg nicht …….

……. aber ich kenne mein Zuhause, ich habe es genau gespürt!

Ei ei ei …

Eieiei

Langsam, langsam schäle ich mich aus meinem Ei.

Lange habe ich darin gewohnt, mir mein Leben eingerichtet. Es war schön darin. Ungern verlasse ich das Bekannte.

Keine Angst! Ich werfe nicht alle über den Haufen und lasse Liebgewonnenes hinter mir, nein, nein.

Ich glaube es geht eher um die harte Schale, ganz nah um mich herum.
Mein Herz, meine Kraft, mein Leben wollen sich ausdehnen.

Ich atme tief ein und ganz laut wieder aus. Ich stosse sanft mit dem Kopf durch den Riss in meiner Schale. Oh! Wie hell ist es da draussen!
Meine Füsse spüren den harten Rand, meine Arme und Hände verschaffen sich kräftig Platz.

Ich bewege mich in alle Richtungen, ich tanze, ich stampfe, ich drehe mich im Kreis, fliege wie ein Propeller.

Es kracht. Lauter kleine Stücke fliegen durch die Luft und fallen wie Sternschnuppen auf die Erde.

Ich sehe den weiten Himmel über mir, die starke Erde unter mir. Ich spüre das Feuer in mir, und der Wind weist mir die Richtung.

Einmal mehr fühle ich mich wie neu geboren. Ich suche meinen Weg und er-finde ihn immer wieder neu.

Ich lebe!