Spätsommerabend

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In Gedanken, nein nicht verloren, erfüllt bin ich.
Ich lausche den Geräuschen im Garten, den Kuhglocken, den Stimmen aus der Nachbarschaft, den Motoren in der Luft und auf den Strassen.

Ich muss nichts und müsste auch nichts. Fenster putzen zum Beispiel oder jäten, die Steuererklärung ausfüllen oder meine Stunden vorbereiten. Alles habe ich schon getan oder mache es einfach nicht.

Ich lausche und geniesse meine Reisegedanken. Ich spüre meinen Atem und den zarten Wind auf meiner Haut. Ungestört lasse ich mich treiben.

Wenn ich die Augen ein wenig öffne, sehe ich das warme Abendlicht und die tanzenden Blätter vom Gartenbaum als Schatten an der Hauswand.

Niemand will etwas von mir, nicht einmal ich selber. Was für ein Gefühl, keine Erwartungen zu erfüllen, auch wenn es nur für einen Abend ist.

Da schleicht eine Furcht in meine Gedanken: Bin ich faul, verantwortungslos oder gar unbeliebt?
Schnell öffne ich die Augen ganz, setze mich gerade hin und atme laut einmal ein und einmal aus.
Fragt sich das der Gartenbaum auch? Die Tomaten an der Sonne? Die Katze, die sich auf der kühlen Erde räkelt?

Ein Sonnenstrahl lässt meinen Ring am Finger funkeln. Er erinnert mich an wilde Tage. Voller Einsatz. Ganz und gar.

Mein Herz beginnt zu tanzen, ich atme nochmals ein und aus, diesmal mit einem Schmunzeln im Gesicht.

Ich gebe fast immer fast alles, auch beim Nichtstun.

ganz leicht

ganz leicht

Ich habe fliegen gelernt.

Eigentlich ist es ganz leicht. Die Arme seitlich ausbreiten und mit Auf- und Abbewegungen spüren, wie es einem langsam auf die Zehenspitzen hebt. Das Becken wird immer weiter und die Magengegend irgendwie mulmig. Der Atem ist kurz, denn es ist ja ungewohnt in die Luft aufzusteigen und schon entsteht  eine Mischung aus Furcht und Glück. Wie von selber öffnet sich der Mund, die Nasenflügel beben und die Augenbrauen werden nach oben gezogen, weil sich die Augenfenster weiten.

Und in dem Moment, wo sich ein lauter Jauchzer aus der Kehle befreit, flattern die Haare schon lustig im Wind. Und dann ……..
…….kommt das unbeschreibliche Gefühl des Abhebens.

Das Kleid schimmert in der Sonne, ich fühle mich schön. Der Hut bietet dem Gesicht Schatten und alles entspannt sich. Genüsslich legt sich der Kopf in den Nacken, denn der Blick in das unendliche Blau des unendlich weiten Himmels ist atemberaubend.

Es gibt nichts zu tun und nichts zu sehen und doch ist alles da. Es fliegt und fliegt und fliegt und fliegt.

Ich habe fliegen gelernt und spüre mein Leben in meinen Knochen. Für einmal ganz entspannt im Liegestuhl im Sommergarten.