ganz leicht

ganz leicht

Ich habe fliegen gelernt.

Eigentlich ist es ganz leicht. Die Arme seitlich ausbreiten und mit Auf- und Abbewegungen spüren, wie es einem langsam auf die Zehenspitzen hebt. Das Becken wird immer weiter und die Magengegend irgendwie mulmig. Der Atem ist kurz, denn es ist ja ungewohnt in die Luft aufzusteigen und schon entsteht  eine Mischung aus Furcht und Glück. Wie von selber öffnet sich der Mund, die Nasenflügel beben und die Augenbrauen werden nach oben gezogen, weil sich die Augenfenster weiten.

Und in dem Moment, wo sich ein lauter Jauchzer aus der Kehle befreit, flattern die Haare schon lustig im Wind. Und dann ……..
…….kommt das unbeschreibliche Gefühl des Abhebens.

Das Kleid schimmert in der Sonne, ich fühle mich schön. Der Hut bietet dem Gesicht Schatten und alles entspannt sich. Genüsslich legt sich der Kopf in den Nacken, denn der Blick in das unendliche Blau des unendlich weiten Himmels ist atemberaubend.

Es gibt nichts zu tun und nichts zu sehen und doch ist alles da. Es fliegt und fliegt und fliegt und fliegt.

Ich habe fliegen gelernt und spüre mein Leben in meinen Knochen. Für einmal ganz entspannt im Liegestuhl im Sommergarten.

Gute Reise

gutereise

So viele Wege gehe ich im Geist.
Verschiedene Reisen unternehme ich.
Meistens sind es sehr lange und ausgiebige Gedanken und manchmal verliere ich mich in den verschiedenen Ländern. Und – je nach dem – brauche ich länger oder kürzer, bis ich wieder zu Hause bin, bis ich merke, dass das Leben jetzt stattfindet. Ja, wieder physisch werden und das Leben um mich herum wahrnehmen.

Ich wünsche mir, dass alle meine Landschaften gleichwertig sind, und dass es für mich eine Freude ist darin zu leben – mit allem, was dazugehört. Jeden Tag und jede Nacht. Vielleicht reist dann mein Geist ganz selbtverständlich und es braucht kein Zurückkommen, weil das Innen und das Aussen eins sind.

Und wenn ich es wage, nur ein paar Wege auch einmal für alle sichtbar zu gehen, merke ich, dass das gar nicht so schwierig ist. Denn nur so finde ich den meinen.

Ich bin Menschin.
Ich lerne jeden Tag aufs Neue.
Und es ist Sommer, die Natur breitet sich aus. Sie lädt mich ein, das Leben zu tanzen und es unter die Füsse zu nehmen.

Es ist Sommer!
Ich gehe hinaus. Ich übe mich der Natur zu schenken, so wie sie sich mir grad schenkt.
Und – wer weiss – wer weiss – vielleicht erkenne ich dann immer mehr, dass wir eins sind:

Die Natur, die Wege innen und aussen und ich…

Orientierung

Orientierung

Neu geboren zu werden, ist gar nicht so einfach.

Alt und Neu vermischen sich und die Orientierung will wieder gewonnen werden. Wo bin ich da nur gelandet?

Ich kenne doch alles und doch nicht mehr. Alles ist gleich wie früher und doch sehe ich es mit einem anderen Blick.

Du bist du und ich bin ich.
Du bist ich und ich bin du.
Du bist ich und du und ich bin du und ich.

Ich bin da auf dieser Welt und du auch. Wir kennen unsere Namen und sind uns doch sehr fremd.
Ich kenne dich ohne dich zu kennen, weil ich weiss, dass es dich gibt.
Und mich gibt es auch und, weil es euch alle gibt, freue ich mich eine unter euch zu sein.

Und wenn ich noch lange so hin und her Wörter zusammenreime, merkt ihr, dass die Orientierung wirklich abhanden gekommen ist.

Neugeboren lasse ich mich treiben. Nehme dankend die Geschenke, die  die neue alte Welt mir offenbart. Sie bringen mich zum Lachen, zum Weinen, zum Tanzen, zum Fliegen, zum Nachdenken, zum Wegrennen und zur Wut, zum Kämpfen und  zum Geschehenlassen und zum Singen und zum Lieben.

Ich bin auf der Erde gelandet und wachse in den Himmel.
Wie die Pflanzen, die Tiere und du!

Ei ei ei …

Eieiei

Langsam, langsam schäle ich mich aus meinem Ei.

Lange habe ich darin gewohnt, mir mein Leben eingerichtet. Es war schön darin. Ungern verlasse ich das Bekannte.

Keine Angst! Ich werfe nicht alle über den Haufen und lasse Liebgewonnenes hinter mir, nein, nein.

Ich glaube es geht eher um die harte Schale, ganz nah um mich herum.
Mein Herz, meine Kraft, mein Leben wollen sich ausdehnen.

Ich atme tief ein und ganz laut wieder aus. Ich stosse sanft mit dem Kopf durch den Riss in meiner Schale. Oh! Wie hell ist es da draussen!
Meine Füsse spüren den harten Rand, meine Arme und Hände verschaffen sich kräftig Platz.

Ich bewege mich in alle Richtungen, ich tanze, ich stampfe, ich drehe mich im Kreis, fliege wie ein Propeller.

Es kracht. Lauter kleine Stücke fliegen durch die Luft und fallen wie Sternschnuppen auf die Erde.

Ich sehe den weiten Himmel über mir, die starke Erde unter mir. Ich spüre das Feuer in mir, und der Wind weist mir die Richtung.

Einmal mehr fühle ich mich wie neu geboren. Ich suche meinen Weg und er-finde ihn immer wieder neu.

Ich lebe!

Vogelfrau

Vogelfrau

Vogelfrau bin ich.

Eingepackt in Schichten, die mir Sicherheit geben, schaffe ich im Alltag. Ja, Sicherheit ist mir wichtig. Wenn das Drumherum stimmt, kann ich mich entfalten.

Nur, solche Situationen gibt es nicht so oft. Es regnet und stürmt um mich herum. Oder die Sonne fordert mich auf, den Schatten zu suchen oder ihr standzuhalten.

In meinen Schichten kenne ich mich aus, darum fühle ich mich dort sicher, falls es draussen nicht stimmt. In dieser Weite lebt mein ganzes Universum. Ich gehe durch die Stadt, wandere übers Land, rede mit Mensch und Tier, bin in Stille mit der Pflanzenwelt – und immer, wirklich immer habe ich alles dabei, was mich ausmacht.
Ich tausche einfach die Schichten gegeneinander aus, und schon bin ich passend zu meiner Umgebung.

Chamäleon!

Chamäleon!

Chamäleon!

Wer sagt das? Wer ruft da? Ach, ich will es gar nicht wissen. Sollen sie rufen, mich auslachen, mir Anpassung vorwerfen oder gar „Fahne im Wind!“ zurufen. Ist mir voll egal!

Ich weiss nämlich, wer ich bin.
Ich kann laut lachen – weil i c h es lustig finde.
Ich kann still sein – weil i c h es wichtig finde.
Ich kann zuhören – weil es m i c h interessiert.
Ich kann mitfühlen – weil i c h mein Gegenüber spüre.
Ich kann mitdenken – weil i c h auch Weisheit in mir habe.
Ich kann mittanzen – weil i c h es liebe wild zu sein….
und ich kann noch viel mehr….

Ich kann alleine sein – weil alle Schichten zusammen mir meine Leere ermöglichen.

Ich bin eine Vogelfrau und ich bin frei!

Ringelblumenblätter

Ringelblumenblätter

Wären doch alle Worte so liebevoll wie Ringelblumenblätter!

Gestern habe ich erzählt und geredet und erzählt und ………… ich war so richtig in Fahrt und in Schwung. Ich habe gar nicht gemerkt, was ich eigentlich da erzähle.

Später, viel später merkte ich, dass meine Stimme anders klingt. Verdreht, irgendwie heiser. Auch schlich sich so ein trauriges Gefühl langsam in mein Herz. Was ist geschehen?

Ich habe von früher erzählt, davon, was alles nicht geklappt hat, was ich verbockt habe, einfach nicht gemerkt habe, und ich habe mich über Entscheidungen ausgelassen, die über Jahre nicht wieder gut zu machen waren, über Begebenheiten, die mir „passiert“ sind und denen ich scheinbar ausgeliefert war – ohne Chance auf Glück oder Besserung. Nur ein einziges Warten, bis die Zeit alles heilt. So schlimm war es – früher.

Welche Brille hatte ich gestern auf? Warum weiss ich das alles noch? Und warum erzähle ich das auch noch?

So, jetzt ist Schluss. Ich werde keine Excel-Liste in meinem Kopf aufstellen und alles nach Geschehnissen und vermeintlichen Begründungen ordnen.
Nein! Fertig! Schluss! Aus und Amen.

Ich zaubere, lasse Ringelblumenblätter zart und liebevoll über die alten, bösen Geschichten regnen. Ich verstreue neue Samen auf meinem Lebensfeld und beginne meine Geschichte in leuchtenden Farben zu erzählen.

Und was ist mit der Wahrheit?

Aus den Samen in meiner Erde wachsen nur richtige Blumen. So echte, die meinen Duft und meine Farben tragen. Und ja, die ganze Wahrheit ist- es sind auch Unkräuter dabei.

ICH

davon

Tschüss! Ich gehe jetzt.
Frage nicht wohin, ich weiss es selber nicht. Ich habe gepackt und mache mich auf den Weg.

Ich glaube, es wird eine grosse Reise. Ob sie lange wird? Nein, ich glaube nicht. Mir gefällt es hier. Ja eigentlich möchte ich gar nicht weg. Und doch.
Die grosse Reise ruft. Ganz laut. Und es ist es ist genau der richtige Zeitpunkt, sie zu tun.

Nun bin ich aufgeregt. Welche Abenteuer warten auf mich? Was passiert, wenn ich mich verirre? Wem werde ich begegnen? Wie wird das Wetter sein? Oh, und ja, habe ich die richtigen Kleider und Schuhe dabei? Und von welchen Speisen ernähre ich mich? Wie werden die Nächte?

Ich segle davon. Über mir der weite Himmel. Unter mir die unergründliche Tiefe des Wassers. Ich spüre den Wind in den Haaren. Und die Sonne erzählt mir vom Tag und von der Nacht.

Ich halte mich fest, an meinem Herzen, an meinen Sinnen.
Ich spüre die Wurzeln des Menschseins.
Ich antworte dem Leben mit meiner Stimme:
Ich bin, die ich bin.

Und mich zu entdecken eine grosse Reise wert.

Ungeduld

Ungeduld

Stinkig! Übellaunig. Ungeduldig.

Ist gar nicht so einfach, nur so vor sich hin zu wachsen. Das Blühen zu geniessen, oder gar das Verwelken. Ich weiss gar nicht, was von all dem am schwierigsten ist.

Muss, müssen, sollen, sein…
Ach, ich habe eine solche Ungeduld im Kopf, im Herz und im Bauch. Am liebsten möchte ich stampfen und brüllen.

Machen das die Blättchen in den Knospen auch so? Sie sind eingesperrt im Samen, im Ast, dann toben sie, bis das starre Winterholz erschreckt und ihnen einen Platz freiräumt, um zu spriessen.

Oh ja, spriessen. Das stelle ich mir lustvoll vor. Unkontrolliert bewegen, laut lachen, tief grunzen, leise nachspüren und peng! Ich bin geboren!

Nein, ich überlege mir jetzt nicht, als was ich geboren wurde. Nein, diese alte Leier „Wer bin ich?“, „Wozu bin ich hier?“ und überhaupt……..
Nein, spriessen ist angesagt. Die Orientierung ist nach oben, schutzlos und von Wind und Wetter empfangen. Juhuuu! Und natürlich auch nach unten, geborgen mit tausend neuen gefrässigen Würzelchen.

Grenzen – los, geht leider nicht. Sie sind die stetigen Hüterinnen in mir drin. Aber manchmal beachte ich sie einfach nicht und zeige dir mein stinkiges Gesicht.

Wachsen

Wachsen

Jetzt gehts los! Auf zu neuen Ufern. Das Alte hinter sich lassen und mit wehenden Fahnen in die Zukunft segeln.

Wenn das so einfach wäre. Worte sind fies und gemein. Sie übermitteln einem in Sekundenschnelle Bilder – und diese schlüpfen dann in eine der diversen Schubladen in unserer Gefühlsküche. Und manchmal fliegen sie direkt in die Pfanne, wo sie gekocht, mit alten Gedanken gewürzt und dann mit Heisshunger gegessen werden.
Und schon stellen wir uns vor, was dann mit uns passiert. Ist das Gebräu bekömmlich oder unverdaulich? Kann ich daran wachsen oder sterbe ich einen weiteren Tod auf meinem Lebensweg?

Also nein, so geht das nicht! Ich beginne nochmals von vorn:

Los gehts! Mit wehenden Fahnen erkunde ich das neue Unbekannte. Die Abenteuerlust ist noch im Handgepäck, aber ich bin sicher, wenn ich dann mal unterwegs bin, wird sie mich noch ganz erfassen.
Und was ist, wenn ich gar nicht auf Reisen gehen will? Wenn es mir genügt Blume zu sein, die wächst, gedeiht, erblüht und wieder verwelkt? Ist das Abenteuer genug?

Wo sind nun alle weisen Ratschläge? Weg? In Luft aufgelöst? So wie mein Drängen und Sehnen, wie mein Rückwärtsmarsch und Widerständigsein? Ich merke schon, da ist nichts mehr.

In der Ferne sehe ich viele Punkte. Ich kann nicht erkennen, was sie bedeuten. Aber das macht nichts. In mir breitet sich eine freudige Gewissheit und Ruhe aus. In meiner ureigenen Zeit werde ich einen dieser Punkte berühren und ein ganzes Universum wird sich mir zeigen.

Bis dahin ……

…………wachse ich, gedeihe ich, blühe ich, verwelke ich….wachse ich, gedeihe ich, blüh…

Und nähre mich vom kraftvollen Puls der Erde.

Singen

Singen

Schubidu dubiduba!

Singen ist etwas Wunderbares. Es geschieht so viel in einem drin, ohne viel zu tun. Singen ohne Worte, einfach drauflos Lautmalern in eigenen Harmonien.

Mmmmmigulahu mmmmmi zabirrgolo.
Ich glaube, das ist gesund. Ja ich würde sogar sagen, es ist Medizin. Etwa so, wie einen Liebesbrief zu erhalten.
Da beginnen die Saiten in einem zu schwingen, bis ein ganzes Orchester die Lebenssäfte zum Fliessen bringt.

Eingepackt im Körper hüpft das Herz umher, nimmt Beine und Arme mit, lässt Füsse und Hände den Rhythmus klopfen.
Und was ist denn das? Das Becken wippt heimlich mit und die Schultern wollen von einer Schwere nichts mehr wissen.
Und der Kopf? Unbeteiligt thront er auf der ganzen Geschichte, entlässt tausend Bildergedanken absichtslos in die eigene – für alle andern unsichtbare – Welt.

Laliba lubalalei, so praktisch, schabuliduduuu, gibt es eine Türe ins eigene Land, vuriallutuda … nur ich kenne sie. Sie ist für mich alleine bestimmt.

Angelehnt an den Türrahmen, auf der Schwelle stehend, wachsen mir Flügel, tanzt mein ganzes Inneres. Und doch: zwischen den Welten ist es endlich still.

Ich bin zu Hause.