Schneesturm

schneesturm

Ein Schneesturm im Kopf gibt weisse Antennen.

Wie oft fegt ein eisiger Wind durch die Gedanken, lässt das Festgedachte einfrieren und das Lose wegfliegen?

So wird alles irgendwie unfassbar.
Wo ist der Anfang und wo das Ende?
Festgefroren und weggeblasen.

Da stehe ich mit kalten Händen und weiss nicht, wo anpacken.

Schnell stecke ich sie in meine Manteltaschen, ziehe die Schultern hoch, drehe mich gegen den Wind und stapfe davon. Aber in diese Richtung wollte ich gar nicht! Eigentlich geht mein Weg genau gegen den Wind.

Der Weg zur Quelle führt gegen den Strom.
Gilt das beim Wind auch?

Ich drehe mich um, Schneeflocken stechen mir ins Gesicht. Ich nehme mein Halstuch über die Nase, ziehe die Kappe tief ins Gesicht.

Wo ist mein Weg?

Langsam wird es dunkel, wo will ich hin?

Da spüre ich ein Grümscheln in meinem Bauch. Es breitet sich aus wie ein Feuer. Ich bin wütend. Ja, so richtig. Immer mehr und mehr, bis ich das Gefühl habe, eine Eisbärin zu sein. Die Hände reissen sich aus den Taschen. Mein Kinn befreit sich vom Halstuch und die Kappe fliegt davon.

Ich brülle! Immer lauter. Scheeflocken fliegen in meinen Mund. Ich spüre keine Kälte mehr. Mein Gesicht glüht. Alle Gedanken tauen auf und werden vom Schneesturm weggefegt.

Ich öffne die Augen und setze mich heftig atmend in meinem Bett auf. Schnell greife ich in meine Haare. Sie sind nicht weiss…….schade.

Es ist mitten in der Nacht und ich habe Eisbärinnen-Kräfte.

Abtauchen

abtauchen

Abtauchen. In unbekannte Tiefen.

Oder sind diese gar nicht unbekannt? Kenne ich mich eigentlich aus in der Tiefe, in meiner Tiefe?

Ziemlich sicher packt mich dort die Angst. Was ist, wenn ich mich dort verirre und ich nicht mehr zurück an die Oberfläche finde? Oder noch schlimmer! Ich verliere mich im Herumdümpeln und will gar nicht mehr nach oben.

Gibt es das? Ein Tiefenrausch in der eigenen Tiefe?

Ich stelle mir das noch recht abenteuerlich vor. All die unerforschten Plätze kennenlernen, Muscheln und andere Behausungen entdecken, in denen man einmal gelebt hat. Anderen Lebewesen zu begegnen, vergessene Geräusche wahrnehmen, sich von neuen Farben faszinieren lassen. Und das alles in der ureigenen Tiefe.
Klingt doch verlockend!

Aber eben, was ist, wenn ich mich dort unten vergesse?

Eigentlich ist diese Furcht unbegründet. Denn meine Liebe zur Oberfläche ist viel zu stark. Ja, ich würde sogar sagen, sie holt mich in Sekundenschnelle zurück:

Ohne Grund lachen, einfach mal nichts tun, von schönen Dingen träumen, die ich gar nicht brauche, das Zusammensein mit vertrauten Menschen geniessen, beim Spazieren laut singen und so,so, so vieles mehr………..

Also, ab in die Tiefe! Wieder hinauf in die Höhe! Um schliesslich in der Mitte zu verweilen!

Mir die Freiheit nehmen, mit Lust und Laune, mit spielerischer Freude und tierischem Ernst mein Leben zu erkunden und es zu leben.

Ein Engel

ein-engel

Ein Engel!

Wo?

Da, auf deinem Bild.

Das ist doch gar kein Engel.

Was, das soll kein Engel sein? Der trägt doch ein weites Kleid, einen Heiligenschein und Flügel! Ja, ok, in der Mitte hat er so komische Krümel, aber sonst ist er eindeutig ein Engel.

Findest du? Das habe ich gar nicht so gesehen. Also, ich habe eine Frau gemalt, die denkt. Nein, sie denkt eigentlich nicht, sie träumt. Oder besser, sie atmet, konzentriert sich und schliesst die Augen dabei. Ach nein, sie schläft. Nein, das geht auch nicht, sie steht ja aufrecht. Aha, jetzt weiss ich’s: Sie hört uns zu, versucht sich nicht einzumischen und darum sind die Augen geschlossen. Aber sie schmunzelt. Ich glaube, sie mag uns.

Wen meinst du?

Na, dich und mich!

Aber du kennst mich ja gar nicht!

So? Warum sprichst denn mit mir und willst mir weismachen, dass ich einen Engel gemalt habe?

Weil ich der Engel in deinem Bild bin. Ich höre dir zu, ich träume mit dir, wenn du schläfst bin ich da, und wenn du denkst, auch.

Ooh………….

Ich trage ein weites Kleid und Flügel und diese Krümel auf……..

das sind Reiskörner………..

……..ja, ich weiss. Und dafür möchte ich mich bei dir bedanken. Ich habe noch nie Reiskörner geschenkt bekommen. Sie sagen mir, dass du mich – auch – magst.

Hm. Darüber denke ich……schlafe ich……träume ich……nun erst einmal und dann……ok……ich gebe es zu……ich mag dich auch!

Zu Hause

zuhause

Ich hab’s geschafft! Ich hab’s geschafft! Ich hab’s geschafft!

Ja, schon wieder. Ich muss es singen, tanzen und euch erzählen. Wie oft habe ich das in der letzten Zeit geschrieben, dass ich etwas geschafft habe?

Da gab es ein Wesen, wie ihr wisst, hinter vielen Schichten versteckt. Es gefiel ihm eigentlich recht gut dort. Und doch … immer wieder kam die Frage, was wäre wohl, wenn diese nicht mehr wären? Nein, besser nicht darüber nachdenken. So, wie es ist, ist es schon ok. Sicherheit und Vertrautes gehen vor. Das Wesen wollte atmen. Und merkte, dass es gar nicht recht einatmen konnte – der Platz fehlte. Es war eng hier, ziemlich eng.

Träume helfen die grössten Hindernisse zu überwinden.

Das Wesen wünschte es sich oft, dass solche Träume wahr werden.

Da gab es nur etwas, dachte das Wesen, an die Träume glauben. Und zwar so lange, bis ein Stück des Erfüllungsfadens mit beiden den Händen zu fassen war. Und dann, sagte es sich, lasse ich ihn nicht mehr los!

Durch Wind und Wetter, über Stock und Stein, durch Feld und Wald, in die Angst und in die Freude, durch alle Schichten hindurch. Über all die Lebensberge und durch alle Lebenstäler – es folgte dem Faden.

Doch was war das?
Der Tod, das Ende des Lebens stand auf einmal genau vor der Nase des Wesens. Und jetzt?

Nein! Ich will nicht sterben! Ich will wieder nach Hause, rief es aus dem Überlebenseifer heraus.

Eben! Sagte eine Stimme im Wesen drin.

Auf einmal wurde es ganz still. Kein Strampeln mehr, kein Wegrennen, kein Festhalten.
Für einen kurzen Moment stand das Tor zu ihm selbst weit offen. Mit Leichtigkeit tanzte es hindurch: So fühlt sich das eigene Zuhause also an! In diesem kleinen Moment war alles da, was es fürs Leben braucht:

Mein Herz. Mein Atem. Mein Körper. Mein Verstand. Und meine Liebe.

Ich habe es geschafft, ich bin im Alltag wieder angekommen. Ich kämpfe mich durch die Schichten, ich suche nach dem Sinn des Lebens, ich stosse an Hindernisse und ich finde den Weg nicht …….

……. aber ich kenne mein Zuhause, ich habe es genau gespürt!

Schlaufen

Schlaufen

Ich war dabei.
Ganz und gar.
Wortmalend, herztanzend, Geschichten redend und mitatmend ging ich durch den Saal.

Dieser Saal ist eine Scheibe. Darauf gehen ganz viele. Die Scheibe dreht sich nicht. Sie ist fest. Ganz fest. Und um alle herum dreht sich die Sonne.

Nun sitze ich da und denke über alles nach. Ich denke und denke. Ich träume und lasse alles Revue passieren. Und nochmals. Und dann nochmals. Die Zeit vergeht, ich sitze immer noch am selben Ort und meine Bilder verändern sich nur langsam.

Da meldet sich die eine Stimme in mir drin, die mir auf die Füsse tritt, ihre Hände an meine Wangen legt und sie rubelt, mir einen Klaps auf den Hintern gibt und meine Hände schüttelt:

  • Haaalllooo! Wo bist du? Siehst du mich? Hörst du mich? Aufwachen! Das Leben geht längst weiter!
  • Ach nein, du blöde Stimme, lass mich in Ruhe!
  • Nein, lass ich nicht. Komm spiel mit mir!
  • Aber sitzen und träumen ist wie spielen.
  • Ja, aber nicht, wenn du dich in vergangenen Schlaufen drehst. Du bist so langweilig!

Ändern. Sosein. Annehmen. Zweifeln. Grübeln. Auseinandernehmen. Reimen. Träumen. Abhauen. Sitzen und  …
warten auf die Stimme, die mir sagt, dass alles in Ordnung ist, so wie es ist.

Ich bin ruhig, ich bin zerzaust, ich übe.

Ich drehe träumend Wunschbänderschlaufen um die feste Erde, die sich dreht mit der Sonne drum herum. Und darauf steht:

ICH BIN
frech
wild
trotzigmotzig
liebevoll
gutgelaunt
lustig
weiblich
alt und jung
tanzend
schwingend singend
klar – zerzaust.
Ja!

tagträumen

Tagträumen.jpg

Nachdenklich.
Nachdenklich bin ich.

Mache ich es recht oder bin ich ungerecht? Kann ich es allen recht machen?
Sicher nicht, höre ich euch da rufen, kaum habe ich die Frage gestellt.

Wärt ihr auch einmal gerne rundherum beliebt? Fehlerlos, ohne Pickel oder andere Makel?
Nein, höre ich euch schon wieder, das wäre doch farblos und überhaupt sind diese Fragen realitätsfern und langweilig.

Ja, das ist schon möglich.

Ich schliesse meine Augen und schaue in sie hinein. Ich höre auf die Geräusche um mich herum. Und so vielfältig wie das Gehörte ist, so zahlreich ist das Gedachte.

In solchen Situationen wie eben jetzt wäre ich gerne jemand anderes. Wie sehen wohl die Gefühle  anderer Menschen aus? Was nehmen sie genau wahr? Was denken sie, wenn sie meine Geschichten lesen?

Das Schöne an diesem Spiel ist, es trägt einem fort. Fort von sich, fort von dem Hiersein….. adieu …….. hallo Tagtraum.

Und warum tue ich das? Nur, um der eigentlichen Arbeit auszuweichen.

Da gibt es nur eines: Schnell! Ich brauche einen roten Faden!
Nein, sage ich, nicht um ihm zu folgen.
Ich lege ihn auf den Boden, er ist meine Schwelle.

Ich springe darüber. Ich komme wieder bei mir an. Und jetzt gibt es kein Entwischen mehr.

Hallo, ich kenne dich. Ich habe dich schon mal getroffen.
Ich mag dich, erzählst du mir ein wenig von dir?
Von Aug zu Aug?
Von Herz zu Herz?

Was, jetzt? Ich habe doch zu tun!

Da!

Da!

Wer weiss, sage ich da nur, wer weiss.

Da liegt man im Bett und sollte schlafen, aber da kann man noch lange sollen oder wollen, es nützt nichts, es geht nicht.
So beginnt sich das Denkrad zu drehen und es werden jede Menge Wortbildmalereien ausgeschüttet. Man dreht sich von einer Seite zur anderen, vom Bauch auf den Rücken, sucht nach Mittelchen und Wegen, die zur Schwelle ins Schlafland führen.

Da! Ich sehe sie! Ich beginne zu laufen, um endlich, endlich die erlösende Ruhe zu erleben.
Erleben? Was erlebe ich da eigentlich auf der anderen Seite? Was mache ich, wenn ich schlafe?

Und schon ist mein Geist wieder wach.
Nein! Ich will nicht mehr denken! Still! Still! Ruhe da oben, ich will endlich Ruhe!

Mmm, laa, na, na, naa, joo, liduli, dooooo, la ………. na, na, naaa …………

Leise, dann immer lauter beginne ich Erfundenes zu singen. Es klingt kreuzfalsch, hat keinen Inhalt. Ich will einfach das Geschwätz, die wenns und abers, die Bilder im Sekundentakt übertönen. Jetzt nehme ich sogar noch die Hände, dann auch die Arme dazu und singe eine Einschlafarie im Liegen aus voller Kehle.

Da! Ich breche erschreckt meine für mich überzeugende, bühnenreife Show ab. Jemand hat sich auf meine Bettkante gesetzt. Ich sehe eine dunkle Silhouette und dann …….
Määääääuuu!

Es ist hell draussen. Ich höre Vögel zwitschern und ein regelmässiges Quietschen. Die Katze schläft tief und fest am Fussende meines Bettes.

Traum oder Wirklichkeit?

 

 

Sagenhaft

Sagenhaft (1)

 

Wischel waschel wu!
Schubi dubi dei?
Nei ne nei nei nei!
Fliige fluuge hei ei ei ei …
Ha! Tschi bumbi du!

Dreli freli rubi so!
Lufti brutzgi bla la laa …
Bitschgi mini dabila?
Lei so lei mus stala da …
Gubi gurki la miso!

Zicki zucki zack di zack …
Suli bini roli so!
Wissi wassi nomeh no!
Grufzgi grossi lomi do!
Wu wu schuni schterniback –

        Hani Sowisoo.

• Ja, genau das wollte ich schon lange einmal sagen!

Unsichtbar

die frau

Ich bin da. Ich nehme wahr.
Da klingt etwas! Hallo! Ist da jemand?

Wie gerne würde ich mit dem Unsichtbaren sprechen. Fragen stellen und noch lieber zuhören.

Haaalloo! Was immer da tönt, ich höre zu. Wie geht die Geschichte?

Es war einmal eine Frau. Sie wollte zuhören, aber sie traute sich nicht. Jedesmal, wenn es ganz klar zu klingen anfing, hörte sie nur noch auf ihr Geplapper im Kopf, nistete sich dort wohlig ein, denn dort fühlte sie sich zu Hause. Bis der Lärm im Kopf immer lauter wurde. Sie versuchte mit aller Anstrengung da rauszukommen, um die klaren Klänge wieder zu hören.
Und so ging es Tag für Tag, Jahr aus Jahr ein, hin und her.

Eines Nachts stand sie da, im Traum, im Dunkeln, atmete und horchte – nicht. Weder auf ihren Traum, noch auf ihren Wecker, noch auf das Getöse innerhalb ihres Körpers, noch auf die Stille der Nacht.

Sie ahnte. Da war etwas. Weit, weit weg. Und es kam immer näher. Lautlos. Im Flug ein magischer Tanz. Ein Hauch. Ein Schrei! Ein endlos langer Schrei. Ein Weckruf!

Die Frau steht da und sie nimmt wahr.
Da ruft etwas. Nicht draussen, tief in ihr drin. Ganz weit weg und doch so nah. Unsichtbar und voller Urkraft.

Ich beginne zu verstehen – tief bewegt vom gedankenlosen Wissen.

Coming out

SCAN0049

Ja – das bin ich.
Nein – ich habe keine Windpocken.
So – sehe ich nach dem Duschen aus.
Sie – die Tagescreme ist noch nicht verstrichen.
Ich – schaue mich im Spiegel an.
Es – ist Morgen.

Lange schaue ich in den Spiegel und hänge noch meinem Traum nach. Ich übe blicken. Wenn ich ganz normal schaue, sehe ich mein Spiegelbild. Dann beginne ich die Augen zu verdrehen und ich schlüpfe in beliebige Rollen. Welches Gesicht soll ich heute aufsetzen? Welches Spiel spielen?

Wie traurig. Unmöglich ohne dieses Spiel auszukommen. Jeden Morgen die gleichen Handgriffe. Bis ich so aussehe, wie mich alle kennen.

„Ich bin immer für dich da!“
Wer spricht?
„Ich!“
Wer bist du?
„Ich, dein Herz!“
Was willst du?
„Ich bin immer für dich da, was immer du tust. Ich schlage dir den Rhytmus zu deinem Leben. Auch wenn du so peinlich bist wie gerade jetzt.“

Endlich! Ich habe es geschafft! Danke, du mein Liebstes, Unentbehrlichstes! Heute ist mein coming-out:

Ich bin – voll echt!