Ein Lied

Wie ist es dir damals ergangen, als du als Kind in den Keller musstest, um Kartoffeln für das Nachtessen zu holen? Hast du dich dann auch gefürchtet? Ich habe immer laut gesungen. Manchmal waren es gar keine Worte, sondern irgendwelche Laute, um meine Angst zu verschrecken. Laut mussten sie sein, um gezielt meinen Weg durch die Dunkelheit (natürlich hatte es Licht) zu gehen.

Dieses Bild, diese Erinnerung kommt mir in letzter Zeit oft in den Sinn. Und ich ertappe mich dabei, dass ich laut nichts singe, um standhaft meinen Weg zu finden. Natürlich hat es Licht. Natürlich ist es nicht dunkel, doch braucht es Mut und Kraft sich treu zu bleiben. Gerade jetzt.

Gerne würde ich dir mein Kraftmutmacherlied laut vorsingen oder es gar aufnehmen und es hier posten. Aber soviel Mut habe ich denn doch nicht. So ist das, glaube ich, mit Liedern ohne Worte nach einer vergänglichen Melodie, die nur für einen selber bestimmt sind.

Darum mache ich es jetzt einfach umgekehrt. Ich schenke dir ein Lied mit richtigen Worten, aber ohne Melodie, die zu hören wäre. Oder hörst du trotzdem eine?

Schatten weichen nicht, sie bleiben
Sie machen Angst und hüllen ein
Sie tun es sanft und voller Mitgefühl
Sie wollen, dass du ihr Flüstern hörst, denn sie wissen um die Schwächen

Wie das klingt!
Fast hätt‘ ich mich ergeben!
Ich lausche meinem Licht
Bleibe standhaft voller Leben

Sie galoppiert mit voller Wucht, es ist kein Halten
Die Wut hat Recht
Nimmt alles mit, was du verstecken wolltest
Sie bäumt sich auf, verleiht dir ungeahnte Kräfte und lässt dich deinen Schmerz für kurze Zeit vergessen

Wie das klingt
Fast hätt‘ ich mich ergeben
Ich lausche meinem Licht!
Bleibe standhaft voller Leben

Es tut so weh, komm gib es zu
Verletzt zu sein macht schwach und durstig
Der Schmerz nimmt seinen Platz in dir
Füllt dich aus, gibt dir Erlaubnis sehr zu leiden

Wie das klingt
Fast hätt‘ ich mich ergeben
Ich lausche meinem Licht
Bleibe standhaft voller Leben!

Dieses Lauschen ruft nach Stille und nach Rückzug
Dieses Licht lässt Schatten, Wut und Schmerz verblassen
Du bist Licht!
Du bist Kraft!
Du bist Liebe!
Du bist frei!
Vertraue deiner Seele, sie singt so wundervoll mit dir
Dein Stern ist nicht zu trüben!

Wie das klingt!
Ich habe ich mich ergeben
Ich lausche meinem Licht
Bleibe standhaft voller Leben!

4 Kommentare

  1. Anita sagt:

    Wow…. ich bi wieder mal tüf berüehrt, liebi Fründin

  2. inge sagt:

    „Ich lausche meinem Licht und bleibe standhaft voller Leben“
    Ich war heut nicht im Keller mit der Angst von früher. Aber ja, auch ich kenn das auch aus Kindertagen. Auch ich hab mir Mut „zugesungen.“ Dein Bild, deine Blume im Sturm, im Wirbel der Gefühle. Schlimme Gedanken, Ängste, vermischen sich zu braungraurotem Brei. Blütenblätter leiden, werden welk, zerfallen. Doch standhafte Blätter bleiben. Nicht alles – nichts! – ist verloren. Die Blume wirbelt und dreht sich, wehrt sich standhaft wie die Rose des kleinen Prinzen und kommt endlich zur Ruh. Der Gang in den Keller, in die Tiefe, war nicht bloss Erschütterung, er hat auch ein Lied geboren, das lebendig und kraftvoll in dir, in mir verblieben ist. „Gehen“ ist auch eine Möglichkeit, lebendig zu bleiben und der Qual zu trotzen, standzuhalten und das gelingt, selbst bei Sturm und Wetter draussen, macht es vielleicht noch tiefer erfahrbar. Wunderbar heilsame Welt in uns!
    „Ich lausche meinem Licht! Bleibe standhaft voller Leben. Dieses Licht lässt Schatten, Wut und Schmerz verblassen! Du bist Licht! Du bist Kraft und Liebe. Du bist frei!“
    Mein Licht, mein Glück, es liegt in meinen Händen!

    Danke dir, für deine wunderbar anregenden Gedanken!

  3. Liebe Inge
    Danke für deine geschriebenen Betrachtungen und Wahrnehmungen! Es ist so wunderbar, sie zu lesen! Eines hat mir noch einen Impuls gegeben: dein Hinweis zum Gehen. Ja, das Gehen in die Tiefe des Kellers, durch die Dunkelheit in einem selber hindurch, gepaart mit der Standhaftigkeit, mit dem Vertrauen zu sich selbst, macht lebendig! Denn ziemlich sicher entdeckt man da noch verborgene Schätze, selbst wenn es „nur“ nährende Kartoffeln sind 😉
    Und noch etwas. Das Gehen in der Natur ist heilend. Es stärkt, nährt, regt zum Jauchzen und Staunen an, macht den Kopf frei und das Herz weit. Weder der weite Himmel, noch der Boden, den man unter Füssen, erzählen etwas vom dunklen Keller, dafür vom lebendigen Leben in und um uns……..
    Nochmals herzlichen Dank, liebe Inge!

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