Sie ist schüchtern, diese Krone.
Sie weiss eben nicht, dass sie eine Krone ist.
Lange steht sie da und beobachtet. Bis es Abend wird und auch wieder Morgen.
Sie beobachtet die Welt, hört zu, reiht sich ein in den Klang der Erde.
Nun ist sie aber ein wenig durcheinander. Es hat so viele, viele, viele Töne!
Schon seit langem ist sie auf der Suche nach dem Klang, der ihr Herz berührt. Wo ist er wohl zu finden in dem Lärm da draussen?
Sie steht still, ist einfach da und spürt den Luftzug der bewegten Welt um sie herum. Es fällt ihr schwer standhaft zu bleiben. Bis es passiert. Sie wird mitgerissen und tanzt auf diesem Riesenkarussell mit, so gut es eben geht. Aber eigentlich ist sie eher wie ein Blatt im Wind, das hin und her geschleudert wird.
Bleib stehen! hört sie eine Stimme.
Bleib stehen und suche den Weg nach innen zu deinem Herzen!
Wie soll das gehen? Dieser Wirbelsturm ist doch viel stärker als ich! Ich habe nie und nimmer die Kraft dazu.
Die Stimme lässt nicht locker. Geh! Steh auf! Du bist so nah dran!
Die Krone lässt sich Zeit, denn sie hat sich unterdessen ans Wirbeln gewöhnt. Und sie traut der Stimme nicht so ganz.
Auf einmal knallt die Krone gegen etwas Hartes. Sie spürt einen tiefen, alten Schmerz. Sie rappelt sich auf und entdeckt ein Loch im Herzen.
Nun ist es still. Kein Wirbeln mehr, keine Stimme mehr.
Stille, einfach Stille.
Sie schaut sich um. Sie bekommt Angst. Bin ich jetzt tot?
Nein! hört sie eine vertraute Stimme aus jeder Ecke ihres Seins.
Wo bin ich?
Wer bist du?
Ich bin du! Und du bist wieder bei dir angekommen.
Nun hört die Krone mit dem Loch im Herzen genau hin. Sie vernimmt von weit her ein Summen. Unzählbar viele Stimmen. Sie spinnen ihre Klangfäden zu einem magischen Liedertuch. Ein Lied aus unendlich vielen Liedern. Eine Symphonie einem Sternenhimmel gleich. Sanft wird die Krone damit eingehüllt und willkommen geheissen.
Da beginnt die schüchterne Krone mit dem Loch im Herzen ganz leise, dann immer mutiger ihr Lied anzustimmen. Ist es neu für sie oder bekannt, schon immer da gewesen? Ihre Töne suchen ihren Platz im grossen Ganzen. Ihre Töne finden Kraft und werden lebendig.
Das Loch im Herzen der Krone heilt langsam. Und auf einmal hört sie, wie sie mit ihrem Lied mithilft, dieses wundersame Konzert zum Klingen und Schwingen zu bringen. Sie spürt etwas sehr Kostbares je mehr sie aus ihren Tiefen heraus singt.
Die Krone weiss noch immer nicht, dass sie eine Krone ist. Sie denkt, sie sei ein Lied…
….. im Lied….
….. im Lied…….
….. im Lied……………………
……und dies aus vollem Herzen.