Holunder

Holunder

Hey, du!

Lange nichts mehr gehört. Wie geht es dir? Was hast du die ganze Zeit gemacht? Gearbeitet? Gefeiert? Viel gelesen und gelacht? Nachgedacht und geweint? Oder etwa gelaunt, so wie ich?

Kennst du die Geschichte vom starken Wanja, der sieben Jahre auf dem Kachelofen lag, sich nur von Sonnenblumenkernen ernährte und erklärt hat, er komme erst wieder vom Ofen herunter, wenn er mit den Füssen das Dach abheben könne? Er hat es geschafft! Er hat durchgehalten, obwohl ihn alle ausgelacht haben.

Oder diese andere Geschichte von der Maus, die Frederik heisst, der im Herbst nur Sonnenstrahlen, Farben, Klänge und Düfte gesammelt hat, während seine Freunde fleissig den Wintervorrat in die Maushölen getragen haben. Sie waren gar nicht erfreut über Frederik, weil er „nichts“ tat und sie schufteten so fleissig. Und im Winter dann lebte auch er von diesen Vorräten. Aber als der Winter fast vorbei war, war alles aufgefressen und da begann Frederik von den Farben, den Klängen und den Düften zu erzählen. Die Mäuseschar vergass beim Zuhören den Hunger, ja sie merkten nicht einmal, dass es unterdessen Frühling geworden war.

Warum ich euch das erzähle?

Ich sass die ganze letzte Zeit unter dem Holunderbaum in unserem Garten. Ja genau! Ich sah, wie aus dem kahlen Baum kleine winzige Blätter ganz leise das Licht suchten und wenig später der Frost alles wieder fortfegte. Ich bibberte und wartete mit dem Baum geduldig, bis die Sonne wieder wärmte und das Spriessen von vorne beginnen konnte. Ich kann dir sagen, ich habe tief eingeatmet, als der Baum Anlauf holte, und erleichtert ausgeatmet, als es wieder grünte. Was für ein Glück das war!

Nun sind die weissen Sternendolden geerntet oder verblüht, der Duft hat mich ganz und gar eingehüllt und ………… er hat mich eingeladen zu bleiben und hautnah zu erleben, wie aus den weissen Sternen langsam eine dunkelrote Zauberkraft heranreift.

Darum bleibe ich sitzen, ich kann dieser Einladung einfach nicht widerstehen.

So kann es geschehen, dass der Wind Klänge zu dir trägt, die nach Holunder riechen. Das sind Grüsse vom Zauberbaum und von mir, die dich in deiner Arbeit innehalten lassen, damit du durchatmen kannst. Und vielleicht zaubern sie dir ein leises Schmunzeln ins Gesicht.

Ich bin daran Kräfte zu sammeln, um mein begrenzendes Dach abzuheben und die Farben, Düfte und Klänge zu vernehmen, und, wenn es etwas zu erzählen gibt, dir davon zu berichten. Bis dahin laune ich weiter unter dem Holunderschattendach………

Sei herzhaft gegrüsst!
Iris

2 Kommentare

  1. Anita Senn sagt:

    Wow….. liebi Fründin -:) dä isch eifach wieder genial und ich freu mich, dass ich die vo Dir gsammlete Düft, Kläng und Farbe mit Dir därf gnüsse. Umarmig Anita

  2. Inge Herguedas sagt:

    Liebste Iris,
    ich hab den wunderschönen Holunderduft verpasst, wie vielleicht so vieles schon zuvor…. aber halt: kein Grund zum Jammern! Ich freue mich an Deiner kecken und achtsamen! Holunderfrau und nehme mir ihre (nicht unbekannten) Gedanken sehr zu Herzen! Es gelingt nicht immer, aber immer wieder und hoffentlich auch öfter! Bin noch diese Woche am Arbeiten, dann 2 Wochen Ferien und eine Woche „blau“, darf ich dann mal den Holunderbusch besuchen?!… Ganz liebe Grüsse! Inge

Kommentar verfassen